Die Vortragsreihe „Die Sinnlichkeit des Geistigen“ in der Neustädter Hof- und Stadtkirche mit Peter Sloterdijk und Sibylle Lewitscharoff, begleitet von der Ausstellung „Das Wort – es bildet mir die Welt“ (Rolf Steiner), startet am 2. November 2020. Das Kulturkirchenprojekt wird gefördert durch die Hanns-Lilje-Stiftung und die hannoversche Landeskirche.
Poesie und Religion teilen den geistigen Raum, den die Einbildungskraft hervorruft und entfalten das Ausdrucksvermögen für das Unsichtbare. Wie ist dieser lebendige Raum genauer zu verstehen, in dem die Wahrnehmungsfähigkeit für das Höhere sein Spielfeld hat? Die Literatur der Romantik hat aus der Spannung zwischen ‚productiver Imagination‘ und analytischem Verstand geistige Funken geschlagen. Peter Sloterdijk wird am 2. November 2020 aus seinem Ende Oktober erscheinenden Buch ‚Den Himmel zum Sprechen bringen – Elemente einer Theopoesie‘ direkt zu unserem Thema lesen. Sibylle Lewitscharoff ist am 11.11.2020 zu Gast. Sie ist bekannt als die Stimme, die mit Vergnügen das ganze Spektrum zwischen Himmel und Erde in der Sprache auskostet.
Wie Sprache wiederum leibhaftig wird und Gestalt annimmt, neue Wahrnehmungsräume eröffnet und die Aufmerksamkeit ausrichtet, wie Texte und Bilder sich in ein spannungsreiches und dennoch ausgeglichenes Verhältnis zueinander setzen lassen, dies erforscht der Schriftsteller und bildende Künstler Rolf Steiner mit ortsspezifischen Inszenierungen und Korrespondenzen in der Ausstellung „Das Wort – es bildet mir die Welt“.
Rolf Steiner schreibt dazu: „Mein immerwährendes Thema ist das Verhältnis von Wort und Bild. Meist benutze ich eine mechanische Schreibmaschine, um den Text in grafisches Material zu verwandeln und so ins Bild zu schleusen. Für diese Ausstellung bin ich auch ins Dreidimensionale gegangen, die fünf Ausstellungsräume im Fürstenhof und in der Neustädter Hof- und Stadtkirche haben mich angeregt. Sie könnten unterschiedlicher nicht sein, und so sind es auch die Exponate, unter anderem Schneiderpuppen, denen Texte ‚auf den Leib‘ geschrieben sind. Ein mit Handke Büchern bestückter Peter Handke Mantel und ein mit gelben Reclamheften versehener Philipp Reclam Anzug; Meister Eckharts Predigt über die Armut, die Buchstaben mit Goldfarbe auf die drei großen Fenster des Turmzimmers gemalt, ihre Schatten vom Sonnenlicht auf Fensterleibungen und Fußboden geworfen; die bestmögliche aller Welten, ein Brief an Leibniz, mit einer mechanischen Schreibmaschine auf Endlospapier getippt, das in Schlaufen an einem Kleiderständer neben dem Leibniz Grab hängt. Fragen Sie mich nicht, warum ich all das getan und gemacht habe. Es ist das herrliche und heilsame Privileg des Künstlers, die Beantwortung dieser Frage schuldig bleiben zu können.“
Die Ausstellung wird parallel zur Vortragsreihe zu sehen sein und am 17. Oktober um 17 Uhr in der Neustädter Hof- und Stadtkirche eröffnet. Zur Vernissage wird Rolf Steiner aus seinem Brief an Leibniz lesen.
Die Vortragsreihe findet in Kooperation mit der Goethegesellschaft und der Stadtakademie an der Neustädter Hof- und Stadtkirche anlässlich des 350. Jubiläums der Neustädter Hof- und Stadtkirche statt.