Der Kulturphilosoph und Autor Ralf Konersmann warnt vor einem übermäßigen Glauben an Zahlen, Algorithmen und Statistiken. „Ich will die Versuche, sich die Welt über Zahlen zu erschließen, nicht in Bausch und Bogen verdammen“, sagte Konersmann am Mittwochabend in Hannover. „Aber sie ermöglichen keine vollständige Weltbeurteilung.“
Der frühere Direktor des Philosophischen Seminars der Universität Kiel war zu Gast beim Hanns-Lilje-Forum in der Neustädter Hof- und Stadtkirche und las Abschnitte aus seinem aktuellen Buch „Welt ohne Maß“. Dazwischen kam er mit Landesbischof Ralf Meister ins Gespräch. Meister sagte, er entwickele keinerlei Leidenschaft für Zahlen. „Für die Erklärung der Zukunft sind sie kein Maßstab.“ Das gelte auch für Untersuchungen zur Entwicklung der Kirchenmitgliederzahlen. Die als „Freiburger Studie“ bekannt gewordene Erhebung, wonach sich die Zahl der Mitglieder bis 2060 halbiert, nannte der Landesbischof „wissenschaftlich simpel gestrickt und theologisch fahrlässig“.
Konersmann betonte: „Die Zahlen sprechen nicht. Sondern wir müssen nachdenken, was wir mit den Zahlen machen, welche Schlussfolgerungen wir daraus ziehen.“ Ihn wundere beispielsweise die Aussage nach einer Expertenrunde zur künftigen Corona-Politik, dass man „nicht genug Daten“ habe. „Wir haben doch die Vernunft - und inzwischen auch Erfahrungen gesammelt im Umgang mit der Pandemie.“