Kirche an anderen Orten. Auf der Landesgartenschau 2018 in Bad Iburg hat Kirche einen besonders schönen Ort gefunden. Die Terrasse der Waldkirche ragt über ein kleines Tal und liegt zugleich wie ein Nest eingebettet zwischen hohen Bäumen. Vom Baumwipfelpfad aus, dessen Zugang gleich neben der Waldkirche liegt, hat man einen besonders schönen Blick von oben auf die bunten Figuren, die hellgrünen Stühle und das farbige Kreuz, das zugleich das Logo der LAGA-Kirche bildet.
Pastorin Petra Rauchfleisch und ihr katholischer Kollege Michael Göcking sind seit 1,5 Jahren mit Planungen und Vorbereitungen für die Waldkirche beschäftigt. Beide wurden von ihrer Landeskirche bzw. dem Bistum mit der Projektleitung beauftragt und von einem Arbeitskreis aktiv unterstützt. Die künstlerische Installation von Berufsschülern wurde durch die Hanns-Lilje-Stiftung gefördert .
Jetzt teilen sie sich die Zeit vor Ort und mit ihnen zusammen kümmern sich rd. 170 Ehrenamtliche täglich zwischen 10.00 und 18.00 Uhr (mit kurzer Mittagspause) als Ansprechpartner*innen vor Ort um die Gäste. Für Rauchfleisch ist es reizvoll, Kirche in einem besonderen Umfeld ein Gesicht zu geben. Die Erfahrung, grundsätzlich ökumenisch zu arbeiten und mit vielen verschiedenen Menschen zusammen ein niederschwelliges Angebot zu bieten, mache ihr Freude, sagt sie.
„Farben des Lebens“ lautet das Motto, unter dem die Angebote der Waldkirche während der Landesgartenschau stehen, und es könnte nicht besser gewählt sein. Die „Farben“ hatte Pastorin Rauchfleisch lange vor Eröffnung der Landesgartenschau an der Fassade des Krankenhauses entdeckt, das an eine Seite des Laga-Geländes grenzt. Das Motto war somit geboren, erzählt ihr Kollege Michael Göcking. "Farben des Lebens" spiegeln die Vielfalt der Menschen wieder, die sich in unseren Kirchen zusammenfinden, Kirche kann bunt und fröhlich sein, und darin die Liebe Gottes wiederspiegeln; so ist auch das Logo zu verstehen: ein bunter Strahlenkranz, der an eine Sonne erinnert, offen, nicht ge-oder abgeschlossen. Und darin ein Kreuz, das sich nicht versteckt, das man aber manchmal erst suchen muss. So wie wir Gott in den kleinen Dingen des Alltags suchen und finden können“, erläutert Rauchfleisch.
Eine Glocke als Dankeschön
Ihr Kollege Göcking ergänzt eine kleine, feine Geschichte zur Andachtsglocke, die zu den täglichen ökumenischen Andachten um 12.00 und 17.00 Uhr einlädt. Sie stammt aus der Glockengießerei Eduard Korfhage & Söhne aus Buer bei Melle im Landkreis Osnabrück. Als Dank für sorgsame Pflege schenkten verwundete Soldaten sie 1918 dem damaligen Krankenhaus in Bad Iburg, wo sie 35 Jahre lang ihren Dienst tat. Nach dem Neubau landete die Glocke im Keller des Gebäudes, aus dem sie nun wieder hervorgeholt wurde. Michael Göcking organisierte eine Holzkonstruktion am Rande der Waldterrasse. Die Andachten, zu denen die kleine Glocke einlädt, sind gut besucht, zwischen 10 und 75 Teilnehmer versammeln sich dann auf der Waldterrasse. In den ersten drei Wochen waren es schon 1300 Besucher*innen. Die großen Sonntagsgottesdienste finden im Festzelt statt.
Auf die Frage nach einer besonderen Begegnung auf der LaGa antwortet Pastorin Rauchfleisch: „Jeder Tag, den ich auf der Laga verbringe, bringt interessante Begegnungen, viel Fröhlichkeit, berührende Geschichten von Menschen mit denen ich ins Gespräch komme. Sehr beeindruckt hat mich ein Gespräch mit Professor Alfred Niesel, em. Prof. der FH Osnabrück / Landschaftsbau u.a. über die Frage, wie Nachhaltigkeit im Umgang mit Natur und (Land)wirtschaft erreicht werden kann. Prof. Niesel hat im Februar seinen 93. Geburtstag gefeiert und schöpft nicht nur aus seiner langen Lebens- und Wissenschaftserfahrung, sondern ist auch persönlich eine Bereicherung für jede Gesprächsrunde. Er wird noch einmal am 11.07. und am 15.08. zu Gast sein. Darauf freue ich mich sehr!“
„Man lernt hier, wahrzunehmen!“
Diese LAGA in Bad Iburg hat, so scheint es, ihre eigenen Gesetze. Sie wurde in weniger als 2 Jahren auf die Beine gestellt und das funktionierte nur, weil die Bürger von Bad Iburg sie zu „ihrer“ LAGA gemacht haben. Das spürt und sieht man an vielen Stellen.
Die Iburger haben Pflanzen gesetzt und pflegen sie, sie führen die Gäste über das Gelände und begrüßen sie im Info-Pavillion. Einer dieser Iburger ist Martin Wolter, ehem. City-Pastor in Osnabrück und seit gut einem Jahr im Ruhestand. Gefragt nach seinen Lieblingsorten auf der LAGA nannte er das „Waldbaden“ und die Lichtung der Bildhauer im Waldkurpark. „Im Wald ist so viel Humor versteckt – z.B. ein geschmückter Tannenbaum. Wie sie hier das Thema Kneipp & Kur aufgegriffen haben, eben nicht so bierernst und belehrend, das finde ich gut“, so Wolter, dem besonders die im Waldboden versenkte Badewanne gefällt. „Man lernt hier, wahrzunehmen, zu hören, den Sonnenschein durch die Blätter zu spüren. Eben einfach: Gottes Schöpfung zu erleben und das ganz entgegen dem ICE-Tempo unseres Lebens“, ergänzt er. Ein weiterer Lieblingsort von Martin Wolter, der Bäume liebt, ist natürlich der Baumwipfelpfad, mit ziemlicher Sicherheit das neue Wahrzeichen Bad Iburgs und ebenfalls ein guter Ort zur Schulung der Wahrnehmung. „Auf diesem Pfad durch die Baumwipfel sind viele überraschende Informationen auf sehr sinnfällige Weise für Kinder wie für Erwachsene untergebracht“, lobt Wolter. Für ihn als Pastor sei es „ein bisschen wie durch den Garten Eden zu gehen“.
Wie beglückend die Besucher diese Laga erleben, ist ihm bei seinem Dienst am Info-Pavillon bewusst geworden: „Da kommen die Leute und man spürt, deren Herz ist voll und sie gratulieren und beglückwünschen uns zu dieser LAGA. Ist doch schön, oder?“
Text: Brigitte Neuhaus