Beim Hanns-Lilje-Forum 2018 geht es um die Digitalisierung. Zum Auftakt ging es um die Risiken und Chancen des autonomen Fahrens.
Im März wurde in Arizona (USA) eine Fußgängerin von einem selbstfahrenden Auto, das auf einer Testfahrt war, erfasst und getötet. Seitdem diskutieren nicht nur Expertinnen und Experten weltweit darüber, wieviel Kontrolle der Mensch bereit ist, abzugeben.
Die Verantwortlichen des Hanns-Lilje-Forums hatten sich zum Auftakt ihrer diesjährigen Talkreihe also ein sehr kontroverses Thema vorgenommen und dazu ausgewiesene Experten in die Neustädter Hof- und Stadtkirche in Hannover eingeladen. Den Eingangsvortrag hielt der Vorsitzende des Deutschen Ethikrats, der evangelische Theologieprofessor Peter Dabrock. Im Anschluss diskutierte er dann mit Enno Pigge, Pressesprecher für Innovation und Technologie bei der Conti AG. Neben dem autonomen Fahren ging es mit der zunehmenden Datenkontrolle durch Großunternehmen noch um ein weiteres, höchst umstrittenes Thema.
Systeme sind noch nicht ausgereift
Professor Peter Dabrock warnte davor, autonom fahrende Autos überstürzt und "quasi mit der Brechstange" einführen zu wollen. Durch selbstfahrende Autos verursachte Unfälle in den USA in jüngster Zeit hätten gezeigt, dass die Systeme zwar zugelassen, aber noch nicht ausgereift seien: "Es ist heikel, die Technik schon jetzt in großem Umfang auf die Straße zu bringen.“
Autonomes Fahren könnte Zahl der Verkehrsunfälle reduzieren
Dass noch eine Menge Entwicklungsarbeit zu leisten sei, räumte auch Enno Pigge ein. Er hob jedoch auch die Chancen hervor, die sich in Zukunft durch die technische Entwicklung ergeben. „Wenn wir uns ab 2025 ins Auto setzen und in den Urlaub fahren, dann können wir den Urlaub mit der Familie ab dem Zeitpunkt genießen, wenn wir auf die Autobahn einbiegen.“
Auch sei es möglich, die Zahl der Verkehrsunfälle mit Hilfe des autonomen Fahrens deutlich zu reduzieren. Diesen Aspekt teilte der Ethiker Dabrock: „Der Verkehr lässt sich besser organisieren, und langfristig dürften weniger Unfallopfer zu erwarten sein - all das sind Gründe, die dafür sprechen, den Weg zum autonomen Fahren weiter zu verfolgen."
"In der Hand von Großkonzernen"
Die Reaktionen bei den gut 130 Zuhörerinnen und Zuhörern in der Kirche waren durchaus gemischt. Während es eine ganze Reihe von ihnen durchaus als Entlastung empfindet, Verantwortung während des Autofahrens abzugeben, können sich das andere überhaupt nicht vorstellen. Für Peter Dabrock hängt der Erfolg von Innovationen neben der technischen Machbarkeit auch wesentlich von der Art ihrer kulturellen Einführung und von Vertrauen ab. "In Zeiten von Daten- und Dieselskandalen darf man sich nicht wundern, wenn neuer Technik gegenüber eine große Skepsis herrscht."
Mit dem „größten Wandel in der Mobilitätskultur seit es Autos gibt“ sei auch eine weitere Preisgabe von Daten verbunden. „Die allermeisten Menschen machen sich gar nicht klar, in welcher Situation wir uns gerade befinden.“ Durch die massive Sammlung und Weitergabe von Daten in vielen Bereichen des Alltags „legen wir große Teile unseres Lebens in die Hand der Großkonzerne“, so der Erlanger Theologe weiter. Und das hat Folgen, die weit über selbstfahrende Autos oder Soziale Netzwerke hinausgehen. „Es steht unser Gesellschaftsmodell und unser Demokratiemodell auf dem Spiel.“
Nächste Diskussionveranstaltungen zur Digitalisierung im Mai und im Juni
Auch bei den nächsten Ausgaben des Hanns-Lilje-Forums in den kommenden Monaten geht es um die Digitalisierung: Am 9. Mai diskutieren der Moderator und Arzt Eckart von Hirschhausen und der Medizinprofessor Eckhard Nagel über Chancen und Risiken der Digitalisierung im Gesundheitswesen. Und am 6. Juni spricht Markus Beckedahl, Gründer und Chefredakteur von netzpolitik.org mit der Hannoverschen Regionalbischöfin Dr. Petra Bahr über Netzpolitik, Bürgerrechte und die Frage von Macht.
Text: Pressestelle der Landeskirche